Samstag, Juni 28, 2014

Eco-Estonia

Die Produktion im Bereich der ökologisch erzeugten Lebensmittel habe sich in Estland innerhalb der vergangenen 10 Jahre vervierfacht - das ist eine der Kernaussagen einer neuen Infobroschüre des estnischen Landwirtschaftsministeriums.
1989 wurde die estnische Vereinigung für biodynamischen Landbau gegründet, später folgten weitere regionale und landesweite Ökoverbände. Inzwischen gibt es auch 84 Verarbeitungsbetriebe für Ökoprodukte, die meisten allerdings Kleinbetriebe. 34 Ökohöfe - so die Statistik des Ministeriums - produzieren eigene Produkte. Statistisch gesehen nimmt Ökolandbau in Estland heue 153,426 ha Land ein, 16.3% der gesamten landwirtschaftlich bewirtschafteten Fläche mit 1.553 Ökobetrieben.

Estnische Steigerungsraten:oben die
Flächengröße des Ökoanbaus, unten
die Anzahl der Ökohöfe
Im Mai traf sich auch das "Organic Data Network" in Tallinn - nach Angaben der Organisatoren vierundzwanzig Teilnehmer aus 15 beteiligten Projekten. Ihre estnischen Projektpartner konnten bilanzieren, dass die größte Anzahl von Öko-Produzenten im Bezirk Võru im Südosten Estlands zu finden ist, die größte bewirtschafteste Fläche aber auf der Insel Saaremaa. Im Bezirk der Insel Hiiumaa produziert fast zwei Drittel der landwitschaftlichen Fläche ökologische Produkte.

Ob noch "Veteranen" des estnischen Ökoanbaus heute dabei sein, lässt sich den verschiedenen Berichten leider nicht entnehmen. Durch die radikale Einstellung jeglicher Subventionen für die Landwirtschaft nach Wiederherstellung der Unabhängigkeit hatten es auch Ölobauern in den 1990er Jahren nicht leicht. Finanzielle Unterstützung zahlt die estnische Regierung seit dem Jahr 2000.


Infobroschüre "Organic farming in Estonia" (Mahepõllu Majandus eestis)
Organic Data NetworkEstnische Stiftung Ökolandbau

Mittwoch, Juni 11, 2014

Mechmershausen trifft Schnaps

Am Pfingstmontag war in Folge 913 der ARD-Krimireihe "Tatort" im Fernsehen zu sehen. Für viele Krimifans so etwas wie "Pflichtstoff" zum Diskutieren über Spannungsgehalt, Realitätsnähe, Actionszenen und Täterinnen und Täter. In dieser Folge gab es überraschend ein Wiedersehen mit dem estnischen Schauspieler Tambet Tuisk, und zwar ausgerechnet in Konfrontation mit Ritschy Müller als Kommissar Lannert - Kinofans bekannt für die dramtischen Szenen aus dem Film "Poll" (siehe auch Beiträge hier im Blog). Doch ganz so dramatisch wurde es diesmal nicht.
Die Schauspieler Richy Müller und Tambet Tuisk in einer Szene
der Tatort-Folge "Freigang"

Wer den Gutsverwalter Mechmershausen noch vor Augen hat, wie er den Esten mit dem schlichten Spitznamen "Schnaps" in einer Scheune in die Enge treibt, die dann in Brand gerät - während die junge Oda um ihn bangt - der wurde von Tatort doch ziemlich enttäuscht. Die Story hatte ja angekündigt, dass Tuisk in der Rolle des "Holger Drake" der Hauptverdächtige im neuen Tatort-Mordfall sei, Müller - diesmal in der Rolle eines ermittelnden Kommissars - erneut sein Gegenspieler. Möglicherweise erneut spannende Konfrontationen blieben jedoch aus.

Kaum mehr als 20 Sätze darf der "Hauptverdächtige" Drake in diesem Fall von sich geben - so ist es eben, wenn der Regisseur eigene Ideen hat. Da findet man seine DNA am Tatort - aber die Kommissare müssen dennoch unbedingt erstmal alle internen Strukturen des Überwachungsbetriebs im Knast untersuchen, bevor sie den Fall lösen. Und dann ist Drake (Tuisk) auch schon sehr schnell tot - erschossen vom Sicherheitschef des Gefängnisses - sicherheitshalber. Liebe deutsche Regisseure! Falls ihr uns noch einmal einen estnischen Schauspieler präsentiert (worüber wir uns freuen würden!), dann nutzt doch lieber besser dessen Möglichkeiten.

"Am Tage ihrer Verurteilung haben sie ihrer Frau gedroht: sie würden sie finden, und sie würden sie umbringen!" insistiert der Kommissar. Gespannt wartet man auf die Antwort von Tuisk - denn als "Poll" gedreht wurde, gab er seine Antworten in Interviews nur in Englisch. "Ich habe ihr vergeben, schon vor Jahren. Ich will meine Ruhe." Der ausländische Akzent ist auffällig. Aber statt nun zu überlegen "der Mann ist offenbar Este" (oder auch "Osteuropäer") - da müssen wir sein persönliches Umfeld und seine Vergangenheit mal erforschen - folgt, wie gesagt, erstmal gar nichts. Tuisk bekommt - wie gewünscht - seine Ruhe. Ganze 60 (Film-)Minuten lang - bis Mechmershausen (Lannert), inzwischen als Kommissar incognito ins Gefängnis eingeschleust, ihn dann doch mal näher befragt. In der Zwischenzeit war angeblich "kein Rankommen" an den Verdächtigten. Und, wie gesagt, sein Hintergrund, Herkunft, Familienverhältnisse, frühere Wohnung, Ex-Nachbarn - was in anderen Krimis wie selbstverständlich auch Ermittlungsrichtung ist, oder sich schon aus den Akten ergibt, bleibt hier außen vor.

Na ja. Wenigstens war diesmal keine "estnische Mafia" oder "russische Kriminelle" im Spiel - im Zusammenhang mit Estland in deutschen Filmen immer auch gern genommen. Dass der Verdächtige offensichtlich kein Deutscher ist, darüber geht diesmal die Handlung einfach hinweg. Am Schluß wird Drake (Tuisk) gezwungen, in vom Wachpersonal verheimlichten Freigang einen weiteren Mordversuch zu begehen - den er mit dem Leben bezahlt. Um diese Story für logisch zu halten muss man wohl ganz fest an das Vorhandensein krimineller Absprachen bis hin zu Gefängnisverwaltung und zuständigen Ministerien glauben ("deutsche Mafia"?). Bleibt wirklich nur zu sagen: gebt Tambet Tuisk bitte nächstes Mal eine richtige Rolle zum Schauspielern! Dann müsste er nicht schon gleich in der ersten Szene wie ein Tiger im Käfig herumlaufen, um dann aber ziemlich belanglose Sätze von sich zu geben. Ungenutzte Potentiale zugunsten eines übermächtigen Drehbuchs und einer offenbar standardmäßig abgearbeiteten Regie.