Montag, November 22, 2010

Der Euro Countdown



Ab 1. Januar wird Estland zur Eurozone gehören. Bislang gab es eine ausreichende Zustimmung zum Projekt. Nur die Irlandkrise lässt viele erneut über den Beitritt nachdenken. Ein schon etwas älteres offizielles Video begrüßt das zukünftige Mitglied. Nur hat es jetzt einen unangenehmen Beigeschmack bekommen, denn die Frauengestalt scheint von einem westlichen Inselland Europas Richtung Estland zu schreiten, oder ist es Griechenland, oder eine Mischung aus beiden? Frohe Botschaft verkünden, oder was?


The Princess who is trying to make Estonia love the Euro
Der etwas euroskeptische Telegraph

"Tere Euro" heisst die Einführungskampagne. Das Model Claudia Merikula spielt in den Videoclips, wie auch in dem Film oben die Hauptrolle, und ist die Prinzessin, die der Telegraph meint. Hier ein Beispiel mit Eurouhr auf der Webseite.

5 Kommentare:

  1. Eine Sache verstehe ich immer noch nicht, es gibt sehr viele Parallelen zwischen der irischen Krise und Situation in Estland, nur hat Irland jetzt ein gewaltiges Haushaltsproblem, waehrend Estland wohl alle Euro-Kriterien erfuellt hat. Wunder gibt es nicht, also musste irgendjemand gewaltig bluten. damit der Haushalt im Rahmen bleibt. War es die Bevoelkerung, die schwedischen Banken, die Firmen?

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  2. Offiziell war es die strenge Haushaltpolitik. Tatsächlich wurde wenig ausgegeben. Rentner leben weiterhin von wenig. Und auch im öffentlichen Dienst wurde gekürzt.

    Im Standard (Österreich) liest man deshalb:
    Die Aussicht, dass Estland möglicherweise auch bald Geld an Irland, Griechenland oder Portugal wird zahlen müssen, kommentierte [Präsident]Ilves mit dem Hinweis, dass es sich dabei um Darlehen handle, die wieder zurückgezahlt würden.

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  3. Die Lösung ist simpel: Estland hat marktliberale "Reformen" ( das Schlagwort setzte ich mal lieber in Anführungsstriche, in Deutschland ist das Wort bei der denkenden Bevölkerung eh verbrannt, seit es in seiner Bedeutung PR-sprechmäßig komplett umgedreht wurde) soweit getrieben, dass es schlichtweg keine inländischen Banken gibt, die gerettet werden könnten. Ist alles in ausländischem Besitz. Das ist in etwa so, als wenn alle Banken in Deutschland inzwischen ausländischen Banken oder Hedgefonds gehören würden. Damit sind die Esten sogar noch marktradikaler als die Iren gewesen. Es gibt nichzt mal so was wie lokale Sparkassen oder Volksbanken in Estland. Das + ein praktisch nicht vorhandenes Sozialsystem + drastische Kürzungen bei den Löhnen und den Schwächsten im Land + Einnahmen aus den EU-Strukturfonds sorgt für die Einhaltung der Kriterien und sind des Rätsels Lösung auf Klotys Frage. Nur das über die Gelder aus den EU-Strukturfonds ( sprich EU Subventionen) von der estnischen politischen Klasse niemand gerne spricht. Auf der einen Seite geben sie sich markradikal, auf der anderen Seute streichen sie die Subventionen ein. scheinheilig würde ich so etwas nennen. Alles in allem wurden zudem eine so drastische Sparpolitik bei den Ärmsten betrieben, wie sie in keinem westeuropäischen Land möglich wäre. Weil die Bevölkerung das dort nicht so passiv hinnehmen würde. Man stelle sich vor so etwas würde in Deutschland geschehen: Angela Merkel könnte wahrscheinlich innerhalb von Tagen einpacken, denkt man an die momentane Stimmung in Deutschland, Stichwort Stuttgart 21, Atompolitik, Höhenflug der Grünen und Absturz der Mövenpick-Partei FDP. Aber in Estland ist so etwas offensichtlich ohne Proteste durchzuziehen. muss wohl an der Mentalität liegen. Wenn ich das sehe, bin ich trotz aller Probleme froh und dankbar in Deutschland zu leben. Hier gibt´s zum Glück zumindest etwas weniger passiven Untertanengeist.

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  4. übrigens, was das nette Euro- Werbevideo angeht: irgendwie kann ich mir nicht helfen, aber das erinnert mich fatal an frühe SED- Propagandafilmchen aus meiner ostdeutschen Heimat. PR und Spindoctoring - nur mit andere Ideologie. Eins lernt man zumindest wenn man in Ostdeutschland aufwächst: man mißtraut Propaganda und Ideologien. egal ob SED oder marktradikalen Spinnern, die noch immer nicht begriffen haben, dass ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik in den Abgrund führt. Die jetzigen Euro-.Probleme bringen doch nur offensichtliche Probleme offen, die mahnenden Stimmen schon seit Jahren bekannt sind: eine auf reinen, gnadenlosen Wettbewerb zwischen Staaten getrimmte EU ohne ausgleichende gemeinsame Steuer- und Sozialpolitik ist ein Rattenrennen, dass niemand gewinnen kann. Der Zusammenbruch des bis vor kurzem von Marktliberalen hochgelobten "keltische Tigers" Irland mit seinem Steuerdumping und Unternehmensteuern von 12% und weniger sollte abschreckendes Beispiel genug sein. Estland ist denselben Weg gegangen und wird im Endeffekt genauso bitter dafür bezahlen wie Irland. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Denn genau wie in Irland ist auch an estnischer Wirtschaftspolitik nicht, aber auch rein gar nichts nachhaltig. Im Gegenteil.

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  5. Danke fuer die Beantwortung der Fragen. Das Problem liegt also in den Banken, die aufwendig vom Nationalstaat gerettet werden muessen, obwohl sie international agieren. Lettland ist fast pleite wegen Parex, Island wegen Kaupthing, Irland wegen ihrer Banken, in Deutschland ist HRE ein Alptraum, in Bayern die LB. Nur Estland geht es vergleichsweise gut, weil es keine eigene Banken hat. Als Fazit kann man sagen, dass es zwei Alternativen gibt: entweder beschraenkt man die Banken derart, dass ihre Pleite die Staaten nicht mehr erschuettern koennen, evtl. verbietet man nationalen Banken internationale Geschaefte, oder die Banken werden derart internationalisiert, dass Steuerzahler mehrerer Staaten in denen diese Banken taetig waren fuer die Verluste aufkommen muessen, falls die Bank jetzt wirklich systemrelevant ist. Geht man den zweiten Weg, braucht man auch eine multinationale Kontrollinstanz, damit solche Banken nicht ganze Kontinente in finanziellen Abgrund reissen koennen.

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