Donnerstag, März 29, 2007

...and Relax


...and Relax
Originally uploaded by masochismtango.
Kultur aus Estland heisst in Europa vor allem Chormusik, exportierte Dirigenten, Pop-Rock (Vanilla Ninja). Bei den Schriftstellern und ihren Übersetzungen herrscht im deutschprachigen Raum zur Zeit eine Flaute. Es gibt aber auch die anderen Kulturszenen mit einem vollen Jahresprogramm, Festivals und Wettbewerben.
Flickr Mitglied masochismtango - der Name verrät die Begeisterung für den Tanz- hat ein kleines Fotoset über die Szene in Estland zusammengestellt. Darunter Mitglieder des Error Stuudio. Und gut zu wissen, Kultur findet auch ausserhalb der Hauptstadt statt, hier in Viljandi.
Was man noch nebenbei in seinem Profil bei Flickr als Hinweis finden kann: der Fotograf lebt zeitweise in Tartu oder London und arbeitet für Masabi. Eine Firma, die Applikationen für Mobiltelefone herstellt. Auch die IT-Branche in E-stonia ist nicht nur gleich Tallinn.

Montag, März 26, 2007

Satire aus Russland

RIA Novosti hat mehr, von Leonid Mlechin:
Russians think that Latvians, Lithuanians and Estonians are arrogant, that their countries are malicious gnomes with an all-but-Nazi ideology, and that they hate Russia and treat Russian-speaking residents of their countries as second-class people. To be honest, Russians dislike the Balts for three reasons:

weiterlesen, hier.

"Zivilisiert" scheint ein beliebtes Wort zu sein, nicht nur in diesem Text. Ich wüsste zu gerne, welche Bedeutung es hat. Gerade in russischsprachigen Foren wird dieses Wort zum Abkanzeln oder Belobigen benutzt.

Freitag, März 23, 2007

ID-Card für alle?

So sieht sie aus, die estnische ID-Card. Eine Fundsache von der CeBit 2007 in Hannover. Der estnische "Herr Mustermann" heißt hier "XROADMAN" (immer auf Achse?), und das ganze sieht eher aus wie ein Kinderspielzeug. Eine Unterschätzung der Datensicherungsprobleme?

Die Rückseite schwärmt: "Stellen Sie sich vor, Sie leben in Estland. Stellen Sie sich vor, Sie nutzen Ihre ID-Card zur Authentifizierung für alle viel genutzten Services: E-Voting im Internet, digitale Signatur, öffentliche Verkehrsmittel ... Das ist der E-Staat, den Sie so nutzen könnten, und so funktioniert es." (Zitat Ende)

Weitere Daten zur Entwicklung der IT-Industrie in Estland lassen sich dem Konzept "Informationsgesellschaft 2013" entnehmen, dass noch vom bisherigen Wirtschaftsminister Edgar Savisaar stammt. Auf 45.000 km2 seien heute schon 900 drahtlose wi-fi Hotspots eingerichtet worden. 58% der Bevölkerung zwischen 15 und 74 Jahren nutzen das Internet, 39% per Privatanschluß zu Hause. Zum Thema "Sicherheit im Internet" sei ein eigenes Portal (www.arvutikaitse.ee) eröffnet worden. In Estland seien gegenwärtig etwa 100.000 Menschen in Maßnahmen einbezogen, die Training im Computer- und Internetgebrauch vermitteln (also etwa 8% der Bevölkerung!). Im Jahre 2005 hätten 24% der estnischen Firmen Bestellungen von Kunden auch online bekommen, und 69% nutzen diesen Weg für Bestellungen bei anderen Firmen. Seit Januar 2007 ist ebenfalls per Internet die Eröffnung von Firmen per eigenem Portal möglich (Werbung: Sie sparen den Weg zum Notar. Benötigt wird allerdings eine ID-Card).

Zielvorstellungen des estnischen Wirtschaftsministeriums:

- bis 2013 sollen 75% aller Estinnen und Esten das Internet nutzen, 70% der Haushalte sollen einen Anschluß haben

- bis 2010 sollen alle staatlich betriebenen Internetstellen einheitliche Qualitätskriterien erfüllen

- bis 2013 soll die Arbeitsproduktivität pro Beschäftigten in Estland auf 75% des EU-Durchschnitts ansteigen

- bis 2013 sollen die IT-Unternehmen in Estland 15% des Bruttosozialproduktes ausmachen

- bis 2013 soll eine Zufriedenheitsrate in der Bevölkerung gegenüber den öffentlich angebotenen IT-Dienstleistungen von 80% erreicht werden, und die Zufriedenheitsrate in der Wirtschaft gegenüber den IT-Dienstleistungen der staatlichen Verwaltung soll auf 95% steigen.

Einige Zahlen zur Nutzung der ID-Card in Estland: 2006 nutzten sie 61% aller Einwohner in Tallinn, im ländlichen Nord- und West-Estland 35%. 12% der Einwohner Tallinns haben die ID-Card bereits, nutzten sie aber noch nicht (in Nord-Estland 28%, West-Estland 24%).

Weitere Infos zum estnischen Auftritt auf der Cebit

Das estnische Konzept "Informationsgesellschaft 2013"

Statistik: Nutzung der estnischen ID-Card im Jahr 2006 (PDF-Datei)

Neueste Nachrichten zum staatlichen IT-Informationssystem (engl)

Donnerstag, März 22, 2007

Rullnokk


Rally-prepared Lada in Laitse
Originally uploaded by carlosj.
Nein, dieser ist kein"rullnokk". Obwohl er eine Baseballmütze trägt. Rullnokks tragen laut Baltic Times die Schirme himmelwärts und die Hinterseite der Kappe tief in den Nacken gezogen. Erkennungszeichen der gelangweilten und von der Großstadt abgeschnittenen Landjugend. Männlich natürlich und wenn es geht im Besitz von aufgemotzten BMWs samt überlauter Hifi-Anlagen. Der Bass.
Dieser Schrauberfan hier gehört dagegen zu der gestandenen Fangruppe der Ralleyszene, gleiche Begeisterung für diesen Sport bei Finnen und Esten. Und wie man sieht, hat der alte Lada-Motorraum einen riesen Vorteil. Die Arme können darin bis zum Oberkörper abtauchen, wo heutzutage unter der Kühlerhaube kaum mehr Platz für die Hand bleibt.
Foto, von Carlos Johnson.
Wer einen Eindruck von einem Rullnokk bekommen möchte im Zusammenprall mit ein paar langhaarigen Rockern in einer Landsauna: Eine Kurzkomödie von toomsalu bereitgestellt bei Youtube.
Der Autoteil ist der Teil 2 der Filmfolge, zeigt viel vom Provinzleben.

Dienstag, März 20, 2007

Russland - Estland

In den letzten Wochen zieht das Ringen um die Deutungshoheit über den 2. Weltkrieg zwischen Estland und Russland weitere Kreise.
Der Guardian, eine der wichtigsten britischen Publikationen, veröffentlichte eine Stellungnahme des estnischen Botschafters in London mit heftigen Leser-Reaktionen im Kommentarteil. Via 'A Step At A Time': Replying to Propaganda.
Ein weitere Übersicht zum Verhältnis mit Russland wurde aus Tel Aviv gepostet. Paul Abelsky: Russian Diasporas Struggle to Integrate in Latvia and Estonia
Ein Auszug:
"Russia's understanding of history is to be blamed for the conflict situation," said Kadri Liik, director of the Tallinn-based International Center for Defense Studies.
"Russians are restoring something close to the Soviet interpretation of history, and they haven't yet understood basic things to bring them closer to Estonia. Most Russians think the USSR won the war thanks to Stalin, but he was an ally of Hitler, and maybe the great sacrifice in the war could have been a lot less without him."

After joining the EU and NATO in 2004, Estonia has not felt constrained to air its grievances, although it has found little overt support inside the European establishment. The burden of mending the ties between the two countries, according to Liik, is on Russia and its ability to reassess the Soviet past. "Estonia wants a constructive relationship and no one is setting any conditions," she said. "Moscow's reaction is so emotional because it feels we are invading their concept of history. The process of reconciliation should happen naturally. If Russia is unable to take a critical view of history, it is going to be a problem for its relations with the rest of the world."


Update: Ich habe gerade über Abelsky recherchiert, besser gesagt: gegoogelt. Der Post aus Tel Aviv sagt nicht viel aus. Abelsky arbeitet auch für RussiaProfile.org . Dort steht zu seinem Lebenslauf:
Paul Abelsky was born in Minsk, Belarus, and grew up in the Chicago area after immigrating to the United States in 1991. Educated in European history at Amherst College and Yale University, he has worked as a journalist in Russia since 2004.

Und der Artikel stammt ursprünglich von dieser Webseite.

Sonntag, März 18, 2007

Stress auf Estnisch - jetzt für die Eidgenossen

Stress - normalerweise würde mit diesem Begriff so etwas wie ein Übermaß an Arbeit plus psychologischem Druck durch andere bezeichnet werden. "Stress" bedeutet in der Schweiz jedoch etwas anderes - und hat estnische Wurzeln.

Das schweizerische Musikwesen ist offensichtlich nicht nur durch die Teilnahme von "Vanilla Ninja" beim Schlagergrandprix estnisch beeinflußt. STRESS, Musiker und gebürtiger Este, kürzlich in der Schweizer Presse "Provokateur und Rapper" genannt und mit bürgerlichem Namen Andres Andrekson, kam im Alter von 12 Jahren in die Schweiz. Jetzt lebt er bei Lausanne und stürmt im Moment mit seinem Solo-Album "Renaissance" die Schweizer Charts.

Der "Aargauer Zeitung" erzählte er kürzlich seine Eindrücke zu den Unterschieden seiner eigenen Erlebnisse als Jugendlicher in Estland und der gegenwärtigen Schweiz. "Dort mussten wir zwei Stunden warten für ein Stück Brot oder Klopapier... Hier aber leben die Schweizer Jugendlichen in einem geschützen Kokon." (espace.ch) Der gebürtige Este ist inzwischen Schweizer Staatsbürger geworden und 29 Jahre alt, redet also offensichtlich noch von sowjet-estnischen Zuständen. Mit Klopapier übrigens kennt er sich aus: wenn man den im Internet verfügbaren Infos glauben darf, arbeitete er nach einem Wirtschafts- studium auch in der Marketing- abteilung von "Procter & Gamble."
In Estland habe er seine Kindheit sehr früh verloren, so erzählt er der Schweizer Presse weiter. In der Schweiz dagegen würden die jungen Leute sehr lange Kind bleiben. "Heute lädst Du mit 12 einen Porno aufs Handy und glaubst, das sei Liebe. Alles ist vulgarisiert."

Anfang 2003 machte "Stress" seinen Schulabschluß in der Schweiz - aber gleichzeitig erschien sein Album "Billy Bear", mit dem er in der HipHop-Szene Aufsehen erregte. Hier arbeitete er unter anderem mit Xavier Naidoo zusammen. Aufsehen erregt offensichtlich auch eine Anspielung auf den Schweizer Bundesrat Blocher in einem seiner neuen Songs.

Mehr zu "Stress":
- Interview mit STRESS bei "aightgenossen.ch"
- Bericht bei "Espace.ch"
- Interview bei "78s"
- Wikipeda zum Stichwort "Stress" (& Diskografie)
- Fanseite (französisch)
- Fanseite (deutsch)
- Veranstaltungstipps mit "Stress" (Moonwalk)
- Interview bei "20minuten"
- "Stars and Stories" bei Bluewin
- Interview bei "Music News"
- Infos bei M-TV

Freitag, März 16, 2007

Neues aus Mari El


Photo: Uralica.com
Oder doch wieder die alten Nachrichten. Mari El ist eine Republik innerhalb Russlands. Die Mari, oder Tscheremissen genannt, sind ein finno-ugrischer Zweig, sprachlich gehören sie zu den Wolgafinnen.
Da ihre Region weit abgelegen war, haben sich alte Traditionen gehalten. Die religiösen Vorstellungen vieler Mari beinhalten zum Teil noch altertümliche heidnische Elemente. Vielleicht so ähnlich wie die früheren Esten und Finnen vor der Christianisierung.
Es gibt Bestrebungen, die eigene Sprache zu retten, es fehlen Schulen. Und es gibt die üblichen Vorfälle:
...On 25 January of this year, Galina Kozlova, a member of the board of the Mari national organisation Mari Usem, and wife of Vladimir Kozlov, chair of the Mari council, was attacked and suffered severe head injuries. The attack follows a series of attacks on Mari activists and journalists in the Mari El republic, and no convictions or arrests have been made. The Mari are a Finno-Ugric minority in Russia, concentrated in the Mari El republic. They are pushing for full cultural and linguistic rights, such as access to secondary and higher education in their language.

Quelle: Europaparlament und www.mari.ee
Ein lesenswerter Beitrag zu diesen "Waldmenschen" stammt aus der schweizer WOZ von 2004. Und nicht nur russische Behörden spielen darin eine Rolle, sondern auch die Praktiken der Kirchen (auch finnische), die dieses Heidentumrelikt auslöschen wollen:
Doch nicht nur die russisch-orthodoxe Kirche kämpft um die Seelen der «kleinen Leute». Seit Ende der Sowjetunion sind unzählige Missionare, viele davon Angehörige protestantischer und fundamentalistisch-christlicher Gruppierungen, nach Russland geströmt. Besonders aktiv sind in Joschkar-Ola die LutheranerInnen. So fliessen etwa aus Finnland - die FinnInnen haben wegen der Verwandtschaft mit den Mari ein besonderes Interesse am kleinen Volk - nicht nur Hilfsgelder, sondern es kommen auch Missionare ins Land. Im Zug von Moskau nach Joschkar-Ola treffen wir eine Gruppe jugendlicher finnischer LutheranerInnen, die in Marij El ein Sommercamp organisiert. «Solch heidnische Rituale gab es in Finnland früher auch», erklärt mir eine der jungen Frauen. «Doch das ist heute Gott sei Dank vorbei.»

Deutlicher wird Gennadij Schwarjow. Der frühere Berufsmilitär mit dem für einen Russen untypischen, penetranten Strahlen im Gesicht ist der Leiter der Kirche der Evangelischen Christen in Joschkar-Ola. Schwarjow wurde von US-amerikanischen Evangelikalen bekehrt. Auch die Kirche in Joschkar-Ola wurde 1993 von Missionaren aus den USA gegründet. «Die Zaubereien und der Aberglauben der Mari sind Netze, die der Satan auslegt, um die Menschen darin zu fangen», sagt Schwarjow
...

Montag, März 12, 2007

Vor der Wahl - nach der Wahl

Wahlvorhersagen gleichen manchmal dem Lesen im Kaffeesatz. Aber auch das Interpretieren von Wahlergebnissen ist offensichtlich nicht so einfach. Zumindest fallen einige Beiträge und Kommentare zu den Ergebnissen der estnischen Parlamentswahlen sehr unterschiedlich aus.

Noch ist kein Koalitionspapier unterzeichnet. Mit einem Zugewinn von 12 Sitzen auf nunmehr 31 Abgeordnete sehen aber die meisten Medien die Reformpartei von Ministerpräsident Andrus Ansip auch als Wahlsieger. Einige Medienberichte stellen dabei auch die Unterschiede zu den Wahlprognosen heraus, nach denen der Zentrumspartei von Edgar Savisaar klar die meisten Stimmen vorhergesagt worden waren (Postimees /TNS-Emor, zitiert in Baltic Times).

Große Unterschiede hingegen in einigen Schlagzeilen: "Beispielhaftes Estland" titelt die FAZ am 6.März, und meint damit konsequent umgesetzte marktwirtschaftliche Grundsätze. Das "Esten bestätigen Kurs der Regierung" der Aargauer Zeitung ist da schon weniger deutlich, denn bisher bildeten ja Reformpartei und Zentrumspartei gemeinsam die Regierung. Das "Koalition nach Parlamentswahl in Führung" der Berliner Umschau liegt da in einer ähnlichen Richtung. Spiegel online macht es mit "Regierungschef Ansip gewinnt Parlamentswahl" etwas persönlicher. "Ministerpräsident im Amt bestätigt", so resümiert die Tagesschau. Ähnliches konstatiert auch "Baltic Times", und listet dabei die Liste der Kandidaten mit den meisten persönlichen Stimmen auf. Laut Wahlkommission führt hier Ansip mit 22.540 Stimmen vor Savisaar mit 18.003 Stimmen. Danach folgt die Bürgermeisterin von Tartu Laine Jänes mit 9303 und Ex-Regierungschef Mart Laar mit 9237. (nachzulesen HIER)

Auch unter Vorschützen angeblicher "russischer Interessen" wird berichtet - auch wenn sich manches davon "Estland- Berichterstattung" nennt. Im Vordergrund liegt dabei lediglich der "Denkmalstreit" um den "bronzenen Soldaten", dessen geplante Verlegung von einigen Medien auch schlicht mit "Abriß" und mit einem angeblichen Vorgehen der estnischen Regierung gegen alle russischen Kriegsdenkmäler gleichgesetzt wird. In diesem Lager wurde offensichtlich ganz auf einen Sieg der Zentrumspartei und auf eine Zuspitzung dieser heiß diskutierten Frage des Wahlkampfs gesetzt. "Denkmalgegner liegen in Führung" trauert denn auch "Russland-Aktuell" und interpretiert, dass nun "Kräfte" in Estland sich durchsetzen würden, die "sich für eine Beseitigung sowjetischer Kriegsdenkmäler" einsetzen würden (womit ja immerhin schon einmal klargestellt wäre, dass es sich um sowjetische Denkmäler handelt). Die staatliche russische Nachrichtenagentur Novosti hat da wohl schon etwas im Sinne von "der Kampf geht weiter" im Sinn, wenn geschlußfolgert wird: "Wahlen in Estland zeigen Spaltung der Gesellschaft auf". Als einzige Quelle wird hier Konstantin Kossatschow, Chef des Auswärtigen Ausschusses in der russischen Staatsduma, mit seinem Bedauern zitiert, dass "Parteien, die die russischsprachige Bevölkerung Estlands vertreten, den Einzug ins Parlament verfehlt" hätten. Worin dann aber die angebliche "Spaltung" bestehen soll, wird an dieser Stelle nicht verraten.
In einer weiteren NOVOSTI- Meldung - bezeichnenderweise "aus dem postsowjetischen Raum" - klingt das schon anders: „Wir haben es nicht geschafft, uns die Unterstützung der Regionen zu sichern, die traditionell für die russischsprachigen Kandidaten stimmen, wir hatten nicht genug Kraft, um denjenigen wirklich zu helfen, die diese Hilfe brauchten, weshalb die Menschen unserer Partei auch nicht glauben wollten.“ So wird Andrej Sarenkow, Chef der Verfassungspartei in Estland, zitiert.

Einen "Rechtsruck in Estland" meint die ausgewiesen sozialistische "Junge Welt" erkannt zu haben. Was nur wird es die vergangenen 16 Jahre wohl gewesen sein, wenn erst jetzt angeblich derartiges festzustellen ist? Bei der "Jungen Welt" finden sich auch Sätze wie dieser: "Nur 61 Prozent aller Esten nahmen überhaupt an dem Urnengang teil." Kein Wort davon, dass die Wahlbeteiligung in Estland von 55 auf 61% anstieg. Manche solcher Berichte scheinen, den Informationsgehalt betreffend, eher direkt aus staatlichen russischen Quellen übersetzt als auf eigenen Recherchen (oder gar Estlandkenntnis!) beruhend. So wird man eine Partei "Republik", wie sie "Russland Aktuell" identifiziert zu haben meint, doch auf estnischen Wahllisten vergeblich suchen müssen (gemeint ist wohl die gemeinsame Liste von "Res Publika" und "Pro Patria").
Und eine ganz besondere Rechnung macht am 12.3. erneut Novosti auf: "Estland: Mehrheit der Bürger gegen Abriss sowjetischer Denkmäler." Zitiert wird eine Umfrage von "Faktum & Ariko", der zufolge 44% der insgesamt 500 Befragten die Meinung geäussert haben sollen, der "Bronzesoldat" solle auf seinem Platz bleiben. Unter den befragten russischsprachigen Einwohnern sollen es 77% gewesen sein - doch das macht noch keine Mehrheit. Vielleicht gelten für Novosti "Russischsprachige" doppelt?

Den weitaus größten Teil der Berichterstattung in den Medien in Deutschland, Österreich und der Schweiz wurde von der erstmals angebotenen Möglichkeit der "Wahl per Internet" ausgelöst. Mehrere Medien des Nachbarlands Lettland veranlaßte das bei den eigenen Behörden nachzufragen. Diese sagten angeblich die Umsetzung einer ähnlichen Möglichkeit bereits bis zu den nächsten Europawahlen in Lettland zu (LETA, TVNET).

Fakten zur Parlamentswahl in Estland 2007
- gewählte Abgeordnete
- Stimmverteilung pro Kandidat/in
- Ergebnisse einzelner Wahlkreise
- vorläufige Mandatsverteilung

Berichte zur Parlamentswahl in Estland:
- Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)
- Österreichischer Rundfunk (ORF)
- Baltic Times (+ Kommentar)
- Spiegel online
- Tagesschau / SWR
- Die Welt
- Berliner Umschau
- N-TV
- EuroNews
- Aargauer Zeitung
- Kurier
- Wiener Zeitung
- Junge Welt
- Net-Tribune
- Russland-Aktuell
- Novosti
- NRA (Lettisch)
- LETA (Lettisch)

Vorwahlberichte:
- Die Welt
- Wirtschaftswoche
- LifeDate
- Deutsche Welle
- Baltic Times
- e-Governmentplattform
- LifeDate ("Internet-Voting macht Estland 'sexy'")
- Gulli.com
- Focus
- businessportal24
- Heise-Online
- Computerhilfen.de
- Future Zone
- CIO.de
- inside-it.ch
- Der Standard
- Computerwoche
- DIENA (lettisch)
- Cafe Babel

Samstag, März 10, 2007

Norden -


Wer noch? Auch in Lettland war es scheinbar selbstverständlich: vor fast 10 Jahren die Einordnung in die nördlichen Regionen Europas. Bei Litauen wäre ich mir da nicht so sicher. Aber die Letten scheinen mit Norden keine Probleme zu haben. Oder sie sind nach allen Seiten offen. Das kann ich nicht beurteilen.
Diese Anzeige stammt von 1998 aus 'Wood working in Latvia'.
Immerhin haben sie nicht den Begriff Skandinavien gewählt, dann würden bald die ersten Proteste aus Schweden und Finnland eintreffen. Siehe Erfahrungen von Giustino 'Itching for Eestimaa'.

Donnerstag, März 08, 2007

Baltische Union ?

Für die Geostrategen ein altes neues Thema. Was längst abgehakt schien, kommt wieder: eine Baltische Union. So jedenfalls sieht es der 'Economist':
A Baltic Union?
Almost every country in the region is linking its electricity grid to somebody else's. After a decade in which “eastern Europe” seemed to have little in common but anti-communism, the energy plans and the anti-missile shield suggest that a new regional co-operation might be stirring.
If so, that is partly in response to a pipeline that Russia and Germany are planning to lay on the Baltic seabed to pump gas directly from one to the other, circumventing the pesky countries in between. For the Germans, the pipeline means greater security; but the other countries in the region see it as a threat.

Alle, die Estland schon genordet hatten (Skandinavien) werden sich ärgern müssen. Osteuropa ist wieder zurück, zumindest für den Economist.

Montag, März 05, 2007

Wahlergebnis

Andrus Ansip bleibt voraussichtlich Premierminister, nur die regierende Koalition kann durch andere Parteien ergänzt oder ausgetauscht werden. Ansip ist derjenige, der hinter dem ausgelösten Streit um den Bronzenen Soldaten steht. Ausserdem für die liberale Wirtschaftspolitik, die sich nicht großartig ändern wird. Vielleicht werden die Einkommenssteuersätze neu angesetzt. Edgar Savisaar wird jedenfalls nicht Chef der Regierung sein. Ein Politiker, der Ränkespiele professionell leiten kann und auch mit Wahlversprechen nicht zimperlich ist. Wie überhaupt der Wahlkampf keine Inspiration war. Wahlversprechen: Euch geht es bald besser - wer glaubt an sowas?
Jan, "schonleben"-Blog, hat seine Beobachtungen hier festgehalten, seine Magisterarbeit drehte sich bereits um die estnische Politik. Estland hat gewählt.
Und wie kommentiert die Pravda: 'Die Anti-Russenpartei hat in Estland gewonnen'. Wenn's denn ins Moskauer Weltbild passt, soll's wohl so sein.

Update, 8. März: Und noch eine Wahl-Nachbetrachtung, die ebenfalls weitergeht als die gängigen Pressemeinungen. Kloty's Analyse.

Sonntag, März 04, 2007

Parlamentswahlen Estland

Die E-Voting-Geschichte ist schon zu Ende, heute wurde "richtig" mit Stimmzettel gewählt. Es gibt kaum eine Million Wahlberechtigte in Estland. Trotzdem liegen bei den jetzigen Auszählungen 6 Parteien über 8 Prozent. Die Aufsteiger sind vor allem die Grünen. Weitere Berichte später.

Freitag, März 02, 2007

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Originally uploaded by jon|k.
Wintervergnügen ohne technische Hilfsmittel. Parkour haben wir bereits vorgestellt, hier eine etwas einfachere Fortbewegung. Anklicken und man landet bei jonIks Aufnahmen aus Estland.
Foto: Blick hinauf zum Domberg in Tallinn