Mittwoch, Dezember 20, 2006

Erinnerungskulturen V


Estland möchte den Gebrauch von Sowjet- und Nazisymbolen in der Öffentlichkeit verbieten. Der russische Aussenminister Sergei Lavrov ist weiterhin aufgebracht über die Gleichbehandlung beider Symbole und versucht es mit alten Propagandatricks:
“We considerate it sacrilegious and dangerous to put an equality sign between liberators and occupants. At present, this is happening in Estonia,” he told a news conference on Wednesday.
He added that Russia “will continue work in contacts with Estonian leadership and in the international arena to avert a revival of fascism and its heroisation”.

Hat tip to Giustino
Diese Kontroverse war der Anlass für die Reihe Erinnerungskulturen. Warum andere Länder nicht die Befreiung durch die Sowjetunion am Ende des 2. Weltkrieges feiern können. Jetzt kommt die Perspektive der Koreaner hinzu und macht deutlich, dass Russland noch lange an seiner sowjetischen Geschichte arbeiten muss. Es geht um die Zwangsdeportationen von annährend 200 000 Koreanern in die kasachische Steppe. Nachkommen dieser Tragödie leben übrigens heutzutage in Tallinn als Betreiber der koreanischen Restaurants, in der Hauptstadt Estlands.
Es begann 1937, einige Historiker meinen sogar, der 2. Weltkrieg hätte schon damals begonnen. Nämlich mit der japanischen Besetzung Chinas. Korea war da schon längst einverleibt in das japanische Imperium. Viele Koreaner gingen nach Russland um gegen die Japaner kämpfen zu können. Aber Stalin sah das anders. Wer zu Japan gehörte, war potentieller Spion. Egal ob besetzt und unterdrückt. Sowjetische Logik. Daraus folgte:
All 180,000 Koreans were packed into crowded cattle cars to make the 3700 mile journey to Kazakhstan and Uzbekistan. This highly organized, month long deportation is vividly brought to life though the memories of first hand survivors. About 98,000 Koreans were brought into Kazakhstan and disbursed throughout the country to establish collective farms. In the first years, many Koreans were relocated to uninhabited lands without any housing. At a small village named Ushtobe, 34,000 Koreans were brought and thousands lived out in the open steppe, digging holes in the ground for shelter. Others were sent far away to live among nomadic Kazakh herders making their homes in yurts. Native Kazakhs welcomed these Koreans and often assisted them as they settled into their new lives in these remote lands.

Ein Zitat aus einem Film, der gerade in den USA veröffentlicht wurde."Koryo Saram - The unreliable Koreans", Die unzuverlässigen Koreaner. Sie wurden also genauso wie die anderen Ethnien nach Zentralasien in Güterwaggons verfrachtet und dort ausgesetzt. Zum großen Teil ohne Behausung, einfach so, irgendwo. Wer überlebte hatte Glück. Bis zu Gorbatschows Zeiten war es Tabu über diese Geschichte zu forschen und zu berichten. Hier der wissenschaftliche Überblick von einem Koreaner in Kasachstan. Bezeichnend ist, dass deutsche Webseiten häufig den Begriff "Umsiedlung" benutzen, anstelle von Deportation. Das macht deutlich an wen Lavrov seine Propagandaoffensive richtet. In Polen, Ungarn, Korea wird er kein Gehör finden aber in Deutschland.

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